Wieder mal zu Besuch in Lüneburg, diesmal zu netter Plauderei und Kaffee mit Maike.
Kennengelernt haben wir uns über die Verbindungen im mosaique und nun war ich gespannt auf ihre Geschichte.
Geschichte trifft es wirklich, wir waren heute auf vielen Wegen und Umwegen unterwegs, haben mal hier, mal da geschaut, was uns in unserem Gespräch erwartet. In jedem Fall sind es viele Impulse, die uns noch länger an diesem Tisch mit Milchkaffees, Cappuccini und Croissants hätten sitzen lassen können.
Mir war klar, ich möchte unbedingt mehr erfahren über Maikes fast 4-monatigen Aufenthalt in Südafrika. Ich hätte ganz schön viel Mut aufbringen
müssen, um mich da in das Unbekannte fallen zu lassen. Bis wir dort allerdings thematisch ankamen, verging eine Zeit und wir fanden uns vorerst in anderen Herzensthemen wieder.
Hier gleich also vorab die Frage: Wie würdest du deinen Lebensweg rückblickend beschreiben?
War er holprig, sprunghaft, mit Höhen und Tiefen? Waren die Höhen besonders hoch und die Tiefen besonders tief? Oder war er geradlinig? Einem Ziel folgend? Wenn du magst, denk doch mal darüber nach.
… Von dem, was ich bisher hörte, sind Lebenswege sehr individuell. Allerdings haben sie eines gemeinsam: Sie sind in der Regel nicht geradlinig.
Und darüber tauschten Maike und ich uns eine lange Zeit aus.
Wir sprechen über unsere Wege, Dinge, die uns im Leben begegnet sind. Was wir für Gedanken hatten und was uns unsere Begegnungen mit Menschen und Geschehnissen bedeuteten.
Wir sprechen auch von Mut, vom „Sprung ins kalte Wasser“, vom angetrieben sein, von Leidenschaft, vom Wunsch, etwas Gutes zu tun.
Besonders in einigen Sätzen decken sich unsere Gedanken Wort für Wort. Nämlich dann, wenn wir über unsere Beweggründe sprechen:
„Warum tue ich das?“ … „Warum setze ich mich so sehr für dieses Thema ein?“ … „Warum investiere ich so viel?“ … und: „Woher habe ich die ganze Kraft?“
Maike erzählt mir von ihrer Entscheidung, die Schule trotz 1-er Durchschnitt zu einem Zeitpunkt zu verlassen, an dem sie etwas anderes ruft. Und da, wo viele anders als sie entschieden hätten.
Ich gestehe ihr, dass ich in ihrer Situation, vor allem mit weniger
Unterstützung, sicher emotional nicht in der Lage gewesen wäre, auf mein Bauchgefühl zu hören und mit einem Weg zu brechen, der für viele sicher unanfechtbar gewesen wäre.
„Das macht man halt so.“ … wären meine eigenen Gedanken dazu gewesen.
Ich habe das Abitur mit einem ganz passablen Schnitt für mich abschließen können, obwohl ich ja gar nicht studieren wollte, so dachte ich damals. Ich ging nur auf das Gymnasium, weil meine Freundin auch dort war. Dann beendete ich die Schule und entschied mich gegen ein Studium, aber für eine Ausbildung. Ich wollte mehr die Dinge tun, die mich handwerklich forderten, als dass ich mich mit Tabellen und Studien herumschlagen wollte - so stellte ich mir das damals vor.
Maike verfolgte allerdings schon seit langer Zeit der Gedanke in Südafrika die Menschen zu unterstützen. Die Welt für einige besser zu machen, zu geben, dort, wo gebraucht wird. So pausierte sie die Schule kurz vor dem Abschluss und lies sich auf ihren Traum ein.
Das klingt natürlich an dieser Stelle sehr einfach. Ich mag hier also erwähnen, dass es nicht einfach für sie war. Psychisch, meine ich. Auch, wenn ihr Bauchgefühl sie gleich dafür belohnte.
Aber vielleicht kennst du es ja auch von dir: Je mehr Menschen anderer Meinung sind, desto mehr hinterfragst du deine eigene Entscheidung. Vor allem, wenn du selbst noch einiges an dir verstehen möchtest.
Trotz allen Fragezeichen schnappte sich Maike also ihren Mut, ihren Traum und ihre Leidenschaft und zog los. Plante, organisierte, buchte. Und saß plötzlich im Flugzeug. Wie sie mir erzählte, fanden spätestens jetzt einige Sorgen zu ihr, denen sie zuvor gar
nicht so recht eine Stimme gegeben hatte.
Ich stelle mir diesen Moment sehr aufregend vor.
Vor Ort warteten dann die nächsten Blickwinkel auf sie, Neues, Unvorhergesehenes, Aufregendes, Schockierendes, Chancenreiches. Hineingesprungen in eine Welt, auf die man sich sicher nicht ganz „vorbereiten“ kann. Und wahrscheinlich am besten mit ihr zusammenkommt, wenn man sie annimmt.
Maike erzählt mir von der Kultur, die sie dort wahrnehmen konnte. Und die in so einigen Punkten ganz anders als die unsere ist. Wo wir in der Regel viel strukturieren, unseren Tag planen, für Zug- und Busabfahren eine App oder Fahrpläne auf Papier haben, davon ausgehen, dass uns den ganzen Tag über fließend Wasser (heiß/kalt) und Strom zur Verfügung steht, eine Lebensweise kennen, die mitunter sehr zukunftsdenkend und -organisierend ist, steht ihrer Erfahrung nach in Südafrika häufig das Gegenteil entgegen.
Dort leben die Menschen mehr im Moment, in der Gegenwart. Hier wird nicht die Zukunft geplant, strukturiert. Verkehrsmittel fahren unregelmäßig, Absprachen werden je nach aktueller Situation gehalten oder gegen andere getauscht. Auch Strom und fließendes Wasser gibt es immer mal wieder nicht.
Das heißt also konkret: Es wird eine hohe Flexibilität gelebt.
Flexibilität, an die Maike sich gewöhnen musste, sich nun aber sehr gerne zurückerinnert. Die Menschen seien so achtsam miteinander, so hilfsbereit, einladend. Wenn
Absprachen nicht gehalten werden,
sei das nicht böswillig gemeint, an das Fehlen von fließendem Wasser und Strom gewöhne man sich auch.
Sie unterstützte Kinder aus sehr armen Verhältnissen in einer Grundschule als Assistentin. Die Klassen seien dort sehr groß, es bestünde eine teils große Sprachbarriere. Die Mittel zum Lehren seien nur spärlich vorhanden, es bestand Lehrermangel und die Bezahlung einiger Mitarbeitenden war so spärlich bemessen, dass das Gehalt eher gerade so zum Überleben, als zum Leben reichte.
Sie besuchte Orte, die voller Emotionen steckten – positiv wie negativ.
Für mich klang es ein wenig wie „emotionales Chaos“, was an dieser Stelle keine Wertung bekommen soll. Es klingt für mich nach einer unglaublich intensiven Zeit, die sie erleben durfte, weil sie sich getraut hat. Weil sie ihren Mut, ihren Traum und ihre Leidenschaft mit auf diese Reise genommen hat. Und diese Reise begann aus meiner Sicht weit vor Abheben des Fliegers.
Als ich Maike danach fragte, was sie für sich mitnehmen konnte, sehe ich ein Strahlen über ihr Gesicht wandern. Genau das gleiche Strahlen, das auftauchte, als sie von ihren Wünschen, ihren Beweggründen für ihre Arbeit erzählte. Maike habe sich in dieser Zeit sehr in ihrer Persönlichkeit entwickeln können. Habe viele Dinge, die sie bisher als hilfreiche Schutzstrategien entwickelt hatte, hinterfragen und neu aufstellen können. Sie entwickelte für sich eine besondere Genügsamkeit und Achtsamkeit und habe ihre Sicht auf die Welt ein Stück weit verändern können.
Wo wir auch gleich bei ihren Wünschen sind: Maike wünscht sich, die Welt ein wenig besser zu machen.
Auch, wenn das für einige von euch vielleicht nach einem „kitschigen“ Spruch klingt: Ich kann genau verstehen und nachempfinden, was sie meint. Mit unseren Gedanken, Wünschen, Visionen, können wir nicht nur uns selbst helfen, sondern auch andere unterstützen.
Wir haben in unserem Gespräch festgestellt, dass einige Themen immer wieder auftauchen, Menschen ähnliche Lebensthemen haben, sich ähnliche Fragen stellen, sie bei vergleichbaren Dingen unsicher sind.
Warum also nicht gemeinsam darüber nachdenken, uns austauschen?
Manchmal tun wir Dinge vielleicht nur deswegen nicht, weil andere es nicht tun würden. Oder weil wir glauben, dass andere es nicht tun würden. Oder auch, weil andere uns glauben lassen, dass sie es nicht tun würden.
Manchmal lassen wir uns von Aussagen anderer aus der Bahn werfen.
Sicher, sie meinen es in vielen Fällen nur gut – aber wie kann ich eine Situation vollständig beurteilen, wenn ich nicht die gleiche Person, mit den gleichen Erlebnissen bin? Ich kann Gedanken teilen. Aus meiner Sicht, aus meiner Erfahrung. Aber ob das für mein Gegenüber richtig ist, kann nur er oder sie entscheiden.
Und was wir bei allem - aus meiner Sicht - bedenken sollen: Bei all unseren gut gemeinten Ratschlägen ist es wichtig, dass es hier nicht um den eigenen Weg geht, sondern um den der oder des anderen.
Mit unseren Worten, unseren
Gedanken haben wir die Macht, andere Menschen so stark zu verunsichern, dass sie sich gegen sich selbst entscheiden. Das sollten wir, so denke ich, immer im Hinterkopf behalten.
Und noch eine Sache, die mir bei meinem heutigen Gespräch mit Maike sehr im Kopf geblieben ist:
Unser Verstand glaubt an das Logische, Bekannte, Erprobte. Auch Weitergegebene, Erfahrene, Durchlebte. Er bleibt auf dem bekannten Weg. Der Pfad, der ganz deutlich erkennbar ist, gibt uns Kontrolle über unsere Schritte.
Unsere Intuition führt uns gerne in das Unbekannte, dort, wo wir den Weg erkunden müssen. Wir wissen nicht, was dort auf uns wartet, aber irgendetwas in uns sagt uns, dass wir dort entlang gehen möchten. Wir brauchen dafür Mut, eigene Stärke und Zuversicht, um vom geraden Pfand eine Zeit lang abzuweichen um die eigenen Wünsche zu erkunden. Um etwas über uns selbst zu erfahren. Manchmal warten dort Herausforderungen, manchmal emotionale Höhen und Tiefen. Aber auch ganz viel Selbstfindung und unsere eigene, individuelle Persönlichkeit.
Lieben Dank an Maike für deine Zeit und das inspirierende Gespräch!
Hört doch gerne in ihren Podcast hinein – für noch mehr Sinneseindrücke.
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